Neulich beim Exorzisten

Einer Frau wird in Ingolstadt der Teufel ausgetrieben. Nicht zu glauben? Oder doch? Das Thema Exorzsimus hat viel mit Glauben zu tun. Dem Glauben an den Teufel, an Dämonen, an Besessenheit. Der Journalist Marcus Wegner beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Exorzismus – jetzt war er zu Gast im Audi Forum. Unter dem Titel „Auf Teufel komm raus“ berichtete er von den Erfahrungen, die er als Zeuge von über 100 Teufelsaustreibungen gemacht hat.

„Meinen ersten Exorzsimus, der sehr brutal war, erlebte ich in Ingolstadt!“ meinte Marcus Wegner. Und damit war das Thema von einem „exotisch-schaurigen Phänomen“ plötzlich zu einer Angelegenheit geworden, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft hätte ereignen können. Und sich wohl immer noch ereignet, denn der Journalist legte noch eins drauf: „In Ingolstadt sind derzeit vier bis fünf Teufelsaustreiber bekannt.“ Marcus Wenger schilderte im Audi Forum vor rund 400 Zuhörern, wie verbreitet das Phänomen in Deutschland und Europa ist, wie brutal die Teufelsaustreibungen vor allem bei den evangelischen Freikirchen vor sich gingen und dass es nicht nur Menschen seien, die vom angeblichen Teufel befreit würden.

Grundsätzlich käme der Exorzismus, also die „Befreiung eines Menschen vom Teufel“, in vielen Religionen, auch im Islam („Im Islam läuft es ähnlich ab wie in der katholischen Kirche, aber der Betroffene kann sich mit dem bösen Geist arrangieren) und vor allem in der Esoterik-Szene vor. In Deutschland ereigneten sich solche Teufelsaustreibungen aktuell täglich. „Erst am Samstag bin ich bei einem katholischen Exorzismus im Bistum Limburg dabei gewesen,“ betonte Wegner. Als Journalist werde er dazu gebeten – von den vermeintlich Besessenen, aber auch es rufe auch mal ein Weihbischof an, um ihm mitzuteilen, dass er einem Exorzismus beiwohnen könne. „Hätte ich was Gescheites gelernt, bräuchte ich mich nicht täglich mit dem Teufeln beschäftigen,“ schmunzelte er. Horrorfilme würde er sich nicht mehr anschauen, denn die Realität sei weitaus brutaler. Allerdings würde sich die Anzahl der Besessenen immer dann erhöhen, wenn ein Film mit dieser Thematik in die Kinos komme. Marcus Wegner schilderte verschiedene Teufelsaustreibungen, die er live miterlebt hat. Etwa die bei einer Frau, die ans Bett gefesselt unglaubliche Kräfte entwickelte und mit dem Bett durch eine Glastür rannte. Und auch Ingolstadt tauchte wieder auf: „In einem Keller eines großen Wirtschaftsgebäudes in Ingolstadt holte der Teufelsaustreiber ein Marmeladenglas mit Weihwasser heraus.“ Der katholische Priester habe die Frau mit dem Wasser begossen, ihr Gesicht habe sich verändert, sei entstellt gewesen und ein Dialog zwischen Exorzist und Dämon habe sich entwickelt. Schließlich trat der Priester die Frau in ihren Schritt und schlug sie.

Die Brutalität bei solchen Exorzismen lasse sich dadurch erklären, dass der Exorzist nicht die vermeintlich besessene Person schlage, sondern den Dämon. Und auch die vermeintlich Besessenen würden das – trotz Platzwunden und Blutergüssen – gut heißen und sich anschließend sogar bedanken, so Wegner. „Diejenigen, die sich für Besessen halten, befinden sich in einem absoluten Ausnahmezustand.“ In der katholischen Kirche gäbe es feste Kriterien, die der vermeintlich Besessene (in den überwiegenden Fällen sind es Frauen) erfüllen müssen, damit überhaupt ein Exorzist eingesetzt würde. Das Ritual selbst wurde 1999 überarbeitet, es handle sich um ein befreiendes Gebet, bei dem Satan nicht mehr angesprochen würde. „Die abartigsten und brutalsten Fälle finden in den evangelischen Freikirchen statt.“

Die meisten Deutschen gingen für einen Exorzsimus nach Polen („Dort boomt der Exorzimus“) oder in die Schweiz, erklärte der Journalist. Dass das Thema hierzulande ein tabu sei, läge an der Kirche: „Die deutschen Bischöfe fürchten die Auseinandersetzung mit dem Thema Exorzsimus wie der Teufel das Weihwasser.“ Dabei würden im Vatikan jährlich 350 Exorzisten ausgebildet. Grundsätzlich könne aber auch außerhalb der katholischen Kirche „Lieschen Müller“ zum Exorzist werden, meinte der Journalist. „Wer in Deutschland einen Exorzisten sucht, wird ganz schnell fündig. Mir ist ein Augenarzt bekannt, der geht am Abend von Haus zu Haus und treibt den Teufel aus.“ Einen Exorzismus bekäme man in Thüringen m Übrigen für 74 Euro. Dazu sei ein Bessessenheitsgefälle zu erkennen: Im Norden Deutschlands gäbe es weniger als im Süden.

Die Besessenen sind besessen von ihrer Besessenheit

Für den Journalisten sind die Fälle von angeblicher Besessenheit bis auf wenige Ausnahmen psychologisch-medizinisch erklärbar: „Ich war noch nie 100 Prozent davon überzeugt, dass das, was da passiert, eine Teufelsaustreibungen ist. Die Bessessenen sind besessen von ihrer Besessenheit.“ Seiner Meinung würden sich die Betroffenen nicht mit ihren Problemen auseinandersetzen, wie es bei einer Psychotherapie der Fall wäre. Stattdessen mache man den Teufel für die sehr realistischen Schmerzen, Anfälle etc. verantwortlich.

Kurios, aber auch erschreckend waren die Berichte Wegners, dass es nicht nur menschliche Teufelsaustreibungen gäbe: „Ich habe in Bayern Exorzismen an Kühen erlebt, Häuser wurden exorziert und Autos. Ich spreche da nicht von einem Reisesegen. Im Allgäu ging ein Priester davon aus, dass in seinem Renault Dämonen hausen.“ Bayern sei grundsätzlich ein gutes Pflaster für Exorzisten. Da sei es auch kein Wunder, dass sich der Sitz der internationalen Exorzismusgesellschaft ist im Bistum Regensburg befinde.

Einen Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*