Die Eichstätter Soldatin im Dienst der Kaiserin

Eigentlich verwunderlich, dass noch kein Hollywoodfilm oder zumindest ein historischer Roman aus dem Leben der Sophie Kettner gemacht wurde. Die „Story“ dürfte recht einmalig sein. Und abenteuerlich ist sie obendrein.

Auf dem Eichstätter Westenfriedhof (einem der schönsten Orte der Stadt, abseits der großen Sehenswürdigkeiten gelegen) befindet sich der Grabstein dieser ungewöhnlichen Frau, deren Lebenslauf so gar nichts mit dem ihrer Zeitgenossinnen gemeinsam hat. Johanna Sophia Köttner, auch Johanna Sophie Kettner, wurde 1721 in Titting als Tochter des örtlichen Bierbrauers Johann Kettner geboren. Als sie 20 Jahre alt ist meldet sie sich „in Mannskleider gehüllt“ (so steht es in ihrer Todesanzeige im Gnädigst privilegirten Eichstätter Intelligenz-Blatt vom 30. Januar 1802) freiwillig zum Militärdienst als Fußsoldat beim Hagenbachschen Infanterieregiment der kaiserlichen (österreichischen) Armee. Die junge Frau soll laut dem Eichstätter Historiker Rudolf Hager schon als Kind von den reitenden Husaren fasziniert gewesen sein und das mit dem Heiraten.. na, ja… das war wohl einfach nicht ihr Ding.

Als 1742 ihre Mutter stirbt, zieht Sophie Kettner zu ihrer Tante nach Oberösterreich. Dort, in Ried, fand im August ein Portiunkula-Ablass statt und weil man dazu die Beichte ablegen sollte, tat dies auch die junge Kettnerin. Allerdings begab sie sich in den Kleidern ihres Bruders, der in Linz ins Kapuzinerkloster eingetreten war, in den Ort. Und nach einem Wirtshausbesuch soll sich nun Johann Kettner der kaiserlichen Armee angeschlossen haben – im Gasthaus waren gerade Soldaten beim Anwerben neuer Rekruten im Einsatz. „Die Musterung verlief dem Vernehmen nach eher oberflächlich, da auch insbesondere kein Regimentsfeldscher anwesend war und man sich vor allem darum bemühen sollte, letztendlich die vorgegebenen (Rekrutierungs-)Quoten zu erfüllen“, schreibt dazu Christoph Hatschek in seiner Dissertation über weibliche Soldaten im österreichischen Heer.

Ihre „Tarnung“ muss jedenfalls ausgesprochen gut gewesen sein, denn es kamen auch weiterhin keine Zweifel auf, ob mit jenem Johann auch alles in Ordnung sei. Nach der Ausbildung in Kufstein diente sie in Oberitalien und nahm dort mit dem Hagenbachschen Infanterieregiment an etlichen Kämpfen teil. Wegen ihres besonders „mannhaften“ Verhaltens u.a. in der Schlacht bei Piacenza am 16. Juni 1746 sowie beim Treffen von Rottofreddo am 10. August 1746 wurde sie zum Korporal befördert. Eine ernsthafte Erkrankung („hitziges Fieber“) machte es nötig, dass Johann Kettner in ein Lazarett eingeliefert werden musste. Als er/sie ins Delirium fiel, entdeckte der behandelnde Arzt schließlich ihr wahres Geschlecht.

„…als dass alle Soldaten von solcher Herzhaftigkeit wären, wie dieses junge Weibsbild ist.“
Oberst Freiherr von Wallis über Johann/ Johanna Sophie Kettner

Der Westenfriedhof in Eichstätt wurde 1535 am “Fuchsbühel” angelegt.

Nach ihrer Genesung wird die „Kettnerin“ nach Wien beordert, nachdem sie einen Antrag auf Entlassung aus dem Militärdienst gestellt hat. Diesem Antrag wird stattgegeben, aber „Korporal Kettner“ bekommt „ihrer Bravour halber“ von Kaiserin Maria Theresia eine monatliche „Gnadengabe“ von acht Gulden zugesprochen. Johanna Sophie Kettner bleibt unverheiratet, gibt sich weiter unangepasst (sie soll immer wieder in Eichstätt in ihrer Uniform unterwegs gewesen sein) und stirbt 1802 hochbetagt im örtlichen Spital. Die „fromm verstorbene Jungfrau“ wird auf dem Eichstätter Westenfriedhof bestattet. Ihr Grabstein ist nur schwer zu entziffern – sie Inschrift darauf lautet:

Am 22. Jenner 1802
Starb alhier im 82. Jahr ihres alter
die Jungfrau Maria Sophia Köttnerin
Von Titting aus dem Eichstädt gebürtig.
Diente Zur Zeiten der Verewigten Kayserin
Maria Tereßia beym K.K. Inf. Regmt.
v. Hagenbach als gemeiner und Corporal
beynahe 6 Jahr und genoß von daher
eine Monath Pension von 8 fl.
zum Zeichen ihres Wohlverhaltens.
Ruhe sie sanft.

Der Eingang zum Friedhof liegt rechts neben der St. Michaels Kapelle