Ein verhindertes steinernes Statement

Das wäre ein echter Hingucker geworden: Das Grabmal von Ludwig, dem Bärtigen (auch genannt der Gebartete) im Ingolstädter Liebfrauenmünster. Die Pläne waren fertig, das Modell existiert und doch ist im Münster fast keine Spur von dem Monument zu entdecken.

Wer einen Blick in den Altarraum des Münsters Zur Schönen Unserer Lieben Frau in Ingolstadt wirft, der bemerkt womöglich einen großen, roten Steinblock, der im Boden eingelassen ist. Da hätte dieser eigentlich gar nicht sein sollen – zumindest nicht in dieser liegenden Position. Gedacht war der rund vier Meter lange Rotmarmorblock für ein Hochgrab des Herzogs VII. von Bayern, das er 1429 in Auftrag gegeben hatte. Mit Hans Multscher wurde ein seinerzeit äußerst gefragter Bildhauer und Künstler für dieses Unterfangen engagiert. 1438 wurde der große „Steinbrocken“ nach Ingolstadt geliefert und es hätte vor Ort mit den Arbeiten los gehen können. Theoretisch. Praktisch ist im selben Jahr der Herzog von seinem eigenen Sohn entmachtet worden. 1443 ist Ludwig in Neuburg gefangen genommen worden, danach verbrachte er den Rest seines Lebens in Gefangenschaft in Burghausen. Das großartige Grabmal war damit auch Geschichte, denn der Herzog ist nicht in Ingolstadt bestattet worden, sondern ruht im Kloster Raitenhaslach bei Burghausen.

Wie die große Reliefplatte im Münster ausgesehen hätte, ist dennoch sehr detailliert überliefert: Es gibt ein kleines Modell, gefertigt von Hans Multscher aus Solnhofener Kalkstein. Dieses ist bis heute erhalten und kann im Bayerischen Nationalmuseum in München besichtigt werden. Es hatte sich im 16. Jahrhundert in der Münchner Kunstkammer befunden, ist später aber in Privatbesitz gelangt. Maximilian II. hat es 1852 aus dem Nachlass des Generalmajors Leopold Freiherrn von Zandt (1784–1851) erworben.

„Schade, dass es nicht verwirklicht worden ist,“ meint Dr. Beatrix Schönewald, Leiterin des Ingolstädter Stadtmuseums. Im Zentrum des Reliefs hätte der Herzog gestanden, in edler Tracht, auf einem Löwen, dem Symbol der Stärke, kniend. Rechts unten zu erkennen ist ein viergeteilter Wappenschild der Wittelsbacher mit Rauten und Löwen, auf dem Wappen sitzt ein gefiederter Drache oder geflügelter Löwe, der nicht eindeutig zu identifizieren ist. Der Herzog blickt hinauf zur Dreifaltigkeit: „Er hält ein Pilum, eine Lanze, die an die Lanze Jesu Christi erinnert und in die Ebene der Engel führt. Daneben befindet sich ein Band, das beschriftet worden wäre.“ Bekrönte Sonnen und Spiegel, die auf der Darstellung zu finden sind, symbolisieren den französischen „Teil“ in Ludwigs Leben, schließlich war er der Schwager des französischen Königs und hatte viele Jahre dort bei Hofe verbracht. Er war Mitglied im exklusiven Orden der Sonnenritter („Chevaliers de soleil“). Außerdem findet sich der Oswaldrabe auf dem Relief, der sich auf die Oswald Legende um den König von Northumbrien und Märtyrer bezieht.

In dem Relief wollte Ludwig ein ausgefeiltes Programm vermitteln, so Dr. Schönewald. Der Herzog hat den „Draht nach oben“, ist nur Gott verpflichtet und erwartet den Herrn. Demütig, aber selbstbewusst. Ein Statement in Stein: „Das war für die damalige Zeit schon eine ganz klare Aussage.“ Allein die Übermittlung dieser Aussage mitten im Liebfrauenmünster hat am Ende nicht funktioniert.