Schwangere Frauen. Das war die Spezialität von Stephan Zick. Der Elfenbeindrechsler aus Nürnberg war auf die Herstellung von anatomischen Ganzkörpermodellen spezialisiert. Sammler aus aller Welt sind heute geradezu verzückt von Zick – so auch Thomas Olbricht, der einige Stücke aus seiner Wunderkammer dem Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt (temporär) überlassen hat.
Es ist 15,5 Zentimeter lang, aus Elfenbein gefertigt und rund 340 Jahre alt: Das Modell einer schwangeren Frau ist eines der herausragenden Ausstellungsstücke in dieser exklusiven Sonderausstellung im Deutschen Medizinhistorischen Museum. Die liegende Figur (das „Bett“ ist aus Schildpatt und der Kopf liegt auf einem Samtkissen) aus der Werkstatt des Elfenbeindrechslers Stephan Zick verfügt über bewegliche Arme und man kann in sie „hinein schauen“, denn Brust- und Bauchbereich können geöffnet werden. In der Figur befindet sich u.a. ein winziges Modell der Gebärmutter und ein Fötus.
Ebenfalls aus der Werkstatt Zicks stammen die Modelle eines Ohres und eines Auges, die sich in der selben Vitrine tummeln. Diese Objekte aus Elfenbein kann man in einzelne Teile zerlegen, um den Aufbau dieser Sinnesorgane zu studieren. Auch sie sind etwa im Jahr 1680 hergestellt worden und verfügen wundersamerweise sogar noch über die originalen Holzetuis, in denen man sie transportieren konnte.
Nun wäre die Zusammenkunft von schwangerer Frau und den Aug- und Ohrmodellen schon eine kleine Sensation. Was hier aber die Wissenschaft besonders begeistert, ist das Begleitbuch, das zur selben Zeit in Nürnberg vom Künstler verfasst wurde: „Hier wird dem Besitzer durch Zick persönlich auf deutsch erklärt, wie der Körper einer Schwangeren aufgebaut ist,“ erklärt Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger. Direktorin des Deutschen Medizinhistorischen Museums. Auch steht in diesem Buch, dass man sich von einem Arzt helfen lassen soll, wenn man z.B. mit den Modell des Ohres oder des Auges nicht zurecht kommt. Für die Wissenschaftlerin ist das ein wichtiger Hinweis: „Die Zielgruppe dieser Objekte waren nicht Medizinstudenten oder Ärzte. Dafür ist die anatomische Darstellung doch zu ungenau.“ Es waren wohl interessierte, vermögende und wissbegierige Laien, die sich so ein Objekt zugelegt haben. Womöglich für die eigene Wunderkammer.
Die Sonderausstellung „Vergänglichkeit – Die Wunderkammer Olbricht zu Gast im Deutschen Medizinhistorischen Museum“ ist noch bis 12. September 2021 zu sehen. Mehr: www.dmm-ingolstadt.de