Die rote Version einer Blaupause

Nicht ohne Grund steht dieses Automobil im museum mobile vor einem historischen Foto der Friedenskaserne in Ingolstadt. Der DKW F 9 Prototyp aus dem Jahr 1940 legte den Grundstein für das Fortleben der Auto Union in Ingolstadt. Und das, obwohl er gar nicht in Ingolstadt produziert wurde.

Er war seiner Zeit voraus – dann wurde „seine Karriere“ durch den Zweiten Weltkrieg sprichwörtlich ausgebremst. Der DKW F 9 ist 1939 von der Auto Union entwickelt worden – als Nachfolger des F 8. Das Automobil mit Dreizylinder-Zweitaktmotor und Frontantrieb war schnittig und sportlich, hochmodern und unter aerodynamischen Gesichtspunkten entwickelt: Der Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) lag bei 0,42, der des VW Käfer bei 0,44. Der Spitzname „Käfer-Killer“ ist daher hier und da aufgetaucht. Aber zu einem echten „Duell“ auf der Straße ist es nie gekommen. Lediglich 20 Prototypen des F 9 wurden durch die Auto Union in Zwickau hergestellt, doch wegen des Zweiten Weltkriegs kam eine Serienproduktion nicht mehr in Frage. Aber das sollte nicht das Ende bedeuten.

1936 ist die Auto Union in ein neues Firmenhauptquartier in Chemnitz umgezogen. Am 17. August 1948 ist die Auto Union aus dem Handelsregister in Chemnitz gelöscht worden. Foto: AUDI AG

Zwar lagen Fabrik und Firma nun in der sowjetischen Besatzungszone (die Motoren entstanden in Zschopau, die Montage war in Zwickau, Firmensitz der Auto Union AG war in Chemnitz), aber die Marke DKW war zusammen mit führenden Mitarbeitern der Auto Union nach Ingolstadt geflohen.

„Dieses Auto war ein ganz wichtiger ‘Flüchtling’ der damaligen Zeit,“ erklärt Stefan Felber von Audi Tradition, der als Kurator den Umbau der Dauerausstellung mitverantwortet. Der DKW F 9 hat im Museum einen prominenten Platz bekommen, weil seine Geschichte eben untrennbar mit der Geschichte des Audi Konzerns verbunden ist. „Nach dem Krieg ist das Fahrzeug als Prototyp wieder entdeckt worden. Es ist als dreidimensionale Blaupause nach Ingolstadt gekommen, um da viel für den Start der Automobilproduktion abzunehmen.“ Der F 9 markiert den Beginn einer neuen Ära, die nun von Ingolstadt aus Fahrt aufnahm. „Er war das Vorbild für den F 89, das erste Personenfahrzeug, das die Auto Union nach dem Krieg auf den Markt gebracht hat.“ Nahezu 1:1 ist der F89 schließlich 1949 in Düsseldorf in die Serienproduktion gegangen. Das erste in Ingolstadt produzierte Fahrzeug war der DKW Schnelllaster. Seine Konstruktion basierte ebenfalls auf der bewährten DKW-Frontantriebstechnologie aus der Vorkriegszeit.

Der DKW F 800/3 Schnelllaster Luxusbus an der Esplanade in Ingolstadt. In dem Gebäude der heutigen Polizeidirektion befand sich in der Ära der Auto Union GmbH die technische Entwicklung, die Konstruktion und der Verkauf des Unternehmens. Foto: AUDI AG

Weitere kurze Karrieren des DKW F 9

Am 17. August 1948 ist die Auto Union aus dem Handelsregister in Chemnitz gelöscht worden. Trotzdem wurden vor Ort weiter Autos produziert – jetzt unter dem Namen IFA. „Die Karosserie erhielt nun eine einteilige Front- und Heckscheibe. Der Tank wurde ins Heck verlegt. Doch das Ende des IFA F9 lag nahe. 1955 hatte die Ingolstädter Auto Union die ostdeutsche IFA auf unlauteren Wettbewerb verklagt. Die Parallelen zwischen IFA F9 und dem DKW 3=6 waren nicht zu übersehen. Und die westdeutsche Firma galt als Rechtsnachfolger des Vorkriegskonzerns,“ schreibt Hans-Peter von Thyssen. Er hat für Motorsport total die vielen Karrieren des DKW F 9 nachverfolgt. Eine Spur führte ihn auch in die Schweiz, wo ehemalige Auto Union Mitarbeiter eine “Autobau-Genossenschaft” in Zürich gründeten: „1948 montierte man aus vorhandenen Teilen sogar einige Exemplare des DKW F8, die den Namen Audax trugen. Die in Westdeutschland wieder gegründete Auto Union GmbH mit anderen leitenden Mitarbeitern der Auto Union verhinderte allerdings noch Ende 1948 mit rechtlichen Mitteln, dass DKW-Wagen künftig als Audax in der Schweiz entstanden. Die Audax schloss schon 1947 wieder ihre Tore.“