Als Eichstädt vom Himmel fiel

Alles Gute kommt von oben? Als 1785 ein Meteorit in der Nähe von Breitenfurt nieder ging, war es ganz und gar nicht klar, dass hier etwas aus dem All auf die Erde sauste. Vielleicht wurde er ja ausgespien?

In einem Jahrhundert, in dem Bilder von der Marsoberfläche auf die Erde gesendet werden und eine internationale Raumstation um die Erde kreist, besteht kein Zweifel an der im wahrsten Sinne außerirdischen Herkunft von Meteoriten. Aber vor 250 Jahren war das keinesfalls so klar.

Am 19. Februar 1785 stürzte ein seltsamer Stein, etwa drei Kilogramm schwer, kurz nach 12 Uhr mittags in der Nähe der Ortschaft Breitenfurt im Altmühltal vom Himmel herab. Er schlug in einen Stapel Ziegel ein, denn am Absturzort im Wittmess-Wald befand sich zu dieser Zeit eine Ziegelhütte. Der Eichstätter Hofkammerrat und Physiklehrer Ignaz Pickel notierte dazu:

„Der Knecht des Zieglers schnitt eben oben in dem Stadel Stroh, als er einen Donner hörte, so, als wenn stark hintereinander etwa drey, oder viermal geschossen wurde, sammt einem besondern Getöse, das ihm anderst, als bey sonst sich ereignendem Hochgewitter vorkam. Er lief herab, und als er unten zur Thür hinkam (also nach einer Weile von 2 oder 3 Minuten) sah er eben den Stein herabfallen, 7 oder 8 Schuhe weg von der Ziegelhütte, in den Schnee über die unten liegende zerstreute Ziegel, die er zerschlug, eine Hand(breit) tief hinein. Der Stein war sehr warm, und zerschmölzte den Schnee. In diesem mußte ihn der Knecht abkühlen lassen, bis er ihn halten konnte. Der Knecht wurde über alles ordentlich befragt. Er war auch bereit, seine Antworten mit einem Eid zu bekräftigen.“

Ein Brocken Eichstädt im Naturkundemuseum in Berlin

Weitere Zeugen bestätigten den Vorfall, so dass schnell ein möglicher Schwindel ausgeschlossen werden konnte. Wobei niemand einen Blitz wahrgenommen hat, wohl aber ein seltsames Donnern. Und es war auch unstrittig, dass der Stein aus großer Höhe herab gefallen war. Aber wie kam er dahin? Ignatz Pickel folgert:

„So muß er also durch den aus der Erde ausgebrochenen Blitz vielleicht in einem nahe entfernten Orte seyn herausgeworfen, und in die Höhe geschleudert worden. Wenn man vom Ausbruche des Donners bis zum herabfallen ohne Abrechnung des Widerstandes von der Luft 2 Minuten annihmt, und eine dem Steigen, die andere dem Fallen des Steines zugibt, so fiel er von einer Höhe von 57600 Schuhen (heute 17.280 Meter). Dafür darf man wegen dem Widerstand beynahe 3 Minuten ansetzen.“

Seit 2015 informiert eine Tafel in Breitenfurt am Radwanderweg von Dollnstein nach Obereichstätt über den historischen Vorfall.

 

 

Dass solche Steine aus dem Weltall stammen könnten, war zu dieser Zeit zwar von Forschern in Betracht gezogen worden, aber diese Ansicht war umstritten. Vielmehr nahm man an, dass zum Beispiel Vulkane solche Gesteinsbrocken ausgespuckt haben und diese dann in großer Entfernung wieder herab fielen. „Dass das Eisen vom Himmel gefallen seyn soll, mögen der Naturgeschichte Unkundige glauben,“ schriebt 1790 beispielsweise Andreas Stütz, Direktor des Naturalien-Cabinetts in Wien. Ausgerechnet in Wien – im Naturhistorischen Museum – befindet sich heute mit 123 Gramm der größte Teil des Meteoriten von 1785, der den Namen „Eichstädt“ bekommen hatte. Der Stein ist noch 1785 zerschlagen worden und weitere Stücke sind in Zürich (106 Gramm), Gifhorn (73 Gramm) und London (43 Gramm) zu sehen. 23 weitere, kleine Bruchstücke befinden sich unter anderem in Paris und New York. So ist „Eichstädt“ über die ganze Welt verteilt worden.

Ein Stück “Eichstädt”: Klassifikation Steinmeteorit, gewoehnlicher Chondrit, Typ: H5, ausgestellt bei den Münchner Mineralientagen 2012. Foto: Bayerisches Landesamt für Umwelt

 

 

Heute wissen wir, dass der Stein nicht von der Erde ausgespien wurde, sondern zu den sogenannten Chondriten gehört. Zu dieser Gattung gehören die meisten Meteoriten. „Eichstädt“ ist ein Steinmeteorit der Klasse H5, wobei das H für High Iron, also einen hohen Eisenanteil steht. Er könnte eventuell vom Asteroiden Hebe stammen, der die Sonne auf einer elliptischen Bahn einmal in 3,8 Jahren umkreist.

Quelle Textauszüge: Bayerisches Landesamt für Umwelt