Als ein gewisser Kaspar Castner seine Reise nach Foshan antrat, war keinesfalls zu erahnen, dass die Stadt in China einmal Partnerstadt Ingolstadts werden würde. Vor über 300 Jahren reiste Kaspar Castner nach seinem Studium in Ingolstadt genau dorthin – aber nicht zum Studentenaustausch.

Portrait von Kaspar Castner (Bischöfl. Gymnasialkonvikt Rottweil)
Missionarischer Eifer gepaart mit wissenschaftlicher Neugier – das war typisch für die Mitglieder des Jesuitenordens in jener Zeit, in der Kaspar Castner zur Welt kam. 1665 wurde er in München geboren, 1681 trat er dem Jesuitenorden bei und besuchte zunächst das Noviziat in Landsberg am Lech. Zum Theologiestudium allerdings ging er nach Ingolstadt und machte dort 1694 an der Bayerischen Landesuniversität seinen Abschluss. Kurz darauf sollte ihn ein besonderer Auftrag ereilen: „Auf einer Insel vor Hongkong und Macao ist 1552 der Heilige Franz Xaver verstorben. Das ist schon eine Zeit her gewesen. Kaspar Castner bekam nun den Auftrag, dort eine Kirche zu bauen,“ erklärt der Ingolstädter Historiker Dr. Gerd Treffer, der sich in seinem Buch „Sancian als Tor nach China“ intensiv mit dem Reisebericht Kastners beschäftigt hat. 1697 erreichte Castner Macao, im August des Jahres 1700 hat er in „Fatshan“ (Foshan) seine letzten Ordensgeblübe abgelegt. Zuvor hatte er auf der Insel Shangchuan Dao (Sancian), rund 200 km südlich von Foshan im Südchinesischen Meer, ein Grabmal für Franz Xaver errichten zu lassen.

Der Reisebericht war auf Latein geschrieben, in Holzblöcke geschrieben und wurde dann gedruckt.
Während dieser Zeit verfasste der Jesuit einen Augenzeugenbericht, der den Titel „Bericht von der Grabstatt, die für den großen Apostel des Ostens, den Heiligen Franz Xaver, auf der Insel Sancian im Jahrhundertjahr 1700 errichtet wurde“ trägt. Erstaunlicherweise ist dieser Bericht bis heute erhalten, denn Kaspar Castner war einer der wenigen Missionare, der zwischenzeitlich wieder in seine Heimat zurück kehrte. 1702 trat er den Rückweg nach Europa an, 1703 war er in Rom aktiv, um die Jesuitenmission in China gegenüber dem Papst zu verteidigen (erfolglos, wie sich heraus stellte). In dieser Zeit muss er wohl auch in Ingolstadt „vorbei geschaut“ haben, denn im Katalog der Orban-Sammlung ist zu lesen, dass der Jesuit Seltenheiten wie etwa Essstäbchen mit gebracht habe, mit denen er sogar im Refektorium in Ingolstadt gegessen haben soll. „Sicherlich hat er auch dieses Buch dem Pater Orban gegeben. Es gibt auch Stimmen, dass es ein Tausch gegen moderne astronomische Geräte war,“ so Dr. Gerd Treffer. Genau dieser Geräte wiederum hat Castner nach China mit genommen, wohin er 1706 zurück kehrte. In Peking wurde er schließlich zum Leiter des kaiserlichen Astronomischen Instituts und zum Erzieher der Prinzen. Was für eine Karriere zur damaligen Zeit! Lange konnte er diesen „Job“ aber nicht ausüben, denn er starb 1709 im Alter von 44 Jahren. Bestattet ist er auf dem Jesuitenfriedhof in Peking.
Und der Reisebericht? Der ist heute in der Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität aufbewahrt. In die Sammlung der LMU sind nach der Auflösung der Ingolstädter Orban-Sammlung und dem Umzug der Landesuniversität zahlreiche solcher Schätze gewandert.
Bilder: Sancian als Tor nach China (Verlag Schnell + Steiner)