Sonne oder Sand: Zwei faszinierende Zeitmesser

Die Komponenten Sonne und Sand verbindet man heutzutage eher mit dem Thema Urlaub. Und in selbigem sollte die Zeit möglichst gar nicht vergehen. Aber Sonne und Sand eignen sich als ideale Bestandteile für kunstvolle Zeitmessgeräte. Zwei davon sind noch bis 12. September in der Sonderausstellung „Vergänglichkeit – Die Wunderkammer Olbricht zu Gast im Deutschen Medizinhistorischen Museum“ in Ingolstadt zu sehen.

Oft sind es die kleinen Objekte, die zu den großartigsten Artefakten gehören. In diesem Fall ist es eine Sanduhr, die zur Zeit ihrer Entstehung um das Jahr 1600 ein exklusives Luxusobjekt war. Gefertigt wurde sie in Venedig aus filigranem Silber und Glas. Und heute ist das kleine Objekt noch wertvoller: „Das Besondere daran ist, dass man sie in sich drehen kann. Die Glaskolben sind dann geschützt. Es war also eine Reisesanduhr, die der Reisende vielleicht von Venedig nach Ingolstadt mitgenommen hat,“ erklärt Kunsthistoriker Georg Laue, der die Ausstellung zusammen mit Museumsleiterin Prof. Marion Maria Ruisinger kuratiert hat. Fragil und kostbar waren diese Uhren schon im 17. Jahrhundert. „Heute gibt es davon nur noch etwa drei vergleichbare Uhren.“

Ebenso praktisch für den Reisenden war die Klappsonnenuhr, die sich in der selben Ausstellungsvitrine wie die Sanduhr tummelt. Das Objekt aus Elfenbein wurde um 1565 in Nürnberg von Hans Tucher hergestellt, einem der bedeutendsten Meister auf diesem Gebiet. Er selbst hat sein Werk mit der Inschrift „Hans Ducher zu Nurnberg“ gekennzeichnet und seine Meistermarke in Form einer gekrönten Schlange dazu platziert. Die Sonnenuhr verfügt auch über einen Kompass und ein Lot, um eine Horizontale genau in Nord-Süd-Richtung ausrichten zu können. Es sind in unterschiedlicher Höhe mehrere kleine Löcher eingebohrt, in die sich der Polfaden entsprechend der geographischen Breite des Ortes einstecken läßt. Auf der Sonnenuhr befinden sich dazu Hinweise, welchen „Polus Grad“ man in welcher Region nutzen muss. So braucht man den „Polus 48 Grad“ in „burgundia, beierland, osterreich“ und auch im „schwabenland“. Aber auch Gradangaben für Spanien, England, Venedig und Afrika sind auf dem klappbaren Messgerät verzeichnet.

Nürnberg war im 16. Jahrhundert das Zentrum der Klappsonnenuhr-Produktion. Die Stadt hatte sogar ein Monopol darauf, was zur Folge hatte, dass die Hersteller dieser Luxusartikel nicht außerhalb Nürnbergs eine Werkstatt errichten durften. Mit dem Dreißigjährigen Krieg und der damit zusammenbrechenden Wirtschaft ging es allerdings mit der Branche bergab. Und eine andere bayerische Stadt stieg zum Zentrum der Zeitmessung auf: In Augsburg wurden mechanische Taschenuhren gefertigt, die der Sonnenuhr den Rang abliefen.