Gefeiert und gefeuert: Dr. Faust in Eichstätt und Ingolstadt

„Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, und leider auch Theologie! Durchaus studiert, mit heißem Bemühn, Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.“ Diese berühmten Verse aus Goethes Faust hat wohl jeder schon mal gehört oder gelesen bzw. lesen müssen. Die Tragödie über den Gelehrten Heinrich Faust und seinen verhängnisvollen Pakt mit dem Teufel gehört zur Weltliteratur. Das Vorbild für die Hauptfigur hat wirklich gelebt und bot auch in Ingolstadt und Eichstätt seine Dienste an – mit äußerst unterschiedlichem Ergebnis.

Das Kloster Rebdorf bei Eichstätt in seiner heutigen Form stammt hauptsächlich aus dem 18. Jahrhundert. Das ehemalige Augustiner-Chorherren-Stift beherbergt heute ein Schulzentrum.

Dass sein Name einmal eine Weltkarriere machen würde, war jenem Johann Georg Faust sicherlich nicht bewusst, als er Anfang des 16. Jahrhunderts in Süddeutschland unterwegs war. Der vermutlich um 1480 in Knittlingen geborene Georg Faust (den Johann hat er selbst wohl weggelassen) zog von Ort zu Ort und verdiente seinen Lebensunterhalt als Philosoph, Wunderheiler, Alchemist, Astrologe, Magier und Wahrsager. Dabei führte ihn sein Weg im Jahr 1528 in das Kloster Rebdorf bei Eichstätt. Sein Aufenthalt dort ist schriftlich dokumentiert und das vom Prior des Klosters höchstpersönlich. Kilian Leib schrieb nämlich in sein Wettertagebuch (das bis heute übrigens Klimaforschern als wichtige Quelle dient): „Georgius faustus helmstet. sagte am 5. Juni: wenn Sonne und Jupiter im gleichen Grad ein und desselben Sternzeichens stehen, dann werden Propheten geboren (wohl solche wie seinesgleichen).“ Dass Geistliche einen Astrologen engagiert hatten, um etwa ein Horoskop erstellen zu lassen, war damals durchaus üblich. Belegt ist beispielsweise die Erstellung eines Horoskops für den Bamberger Fürstbischof Georg III. Schenk von Limpurg durch Johann Georg Faust.

Doch nicht jeder war ein Fan von Faust. Immer wieder wurde er der Scharlatanerie verdächtigt und als Betrüger bezeichnet. Ob er überhaupt einen Doktortitel führen durfte, ist zweifelhaft. Auch in Ingolstadt wurde sein Aufenthalt kritisch gesehen. Die Stadt mit ihrer Hohen Schule war eigentlich ein klassischer Zielort für den wandernden Gelehrten. Faust-Forscher Günther Mahal schreibt dazu: „Dass Faust mit Vorliebe Orte ansteuerte, die eine Hohe Schule oder auch ein Zentrum des Humanismus aufwiesen, geht aus unseren Quellen eindeutig hervor.“ Er wollte wohl mit den örtlichen Professoren und Akademikern ins Gespräch kommen, um die eigene Reputation „aufzupeppen“. Es waren denn auch nicht akademische oder kirchliche Kreise, die den angeblichen Doktor wieder los haben wollten, sondern der bürgerliche Rat der Stadt. Im Ratsprotokoll vom 17. Juni 1528 heißt es:

»Am mitwoch nach Viti Anno 1528 ist ainem der sich genant Doctor Jörg Faustus von Haidlberg gesagt dass er seinen pfennig anderswo verzer, und hat angelobt solche erforderung für die obrigkeit nit ze enten noch zu äffen.«

Als seriösen Akademiker haben ihn die Ingolstädter Ratsherren also nicht betrachtet, diesen Jörg Faustus von Haidlberg. Dieser soll im Margarethenturm am Unteren Graben sogar Hexenwerk vollführt haben, wie in späteren Sagen behauptet wird. Jedenfalls verließ Faust die Stadt nach einigen Tagen. Gewohnt hat er während seines Ingolstadt-Aufenthalts wahrscheinlich in dem Gebäude Ecke Harderstraße/Johannesstraße, an dem heute eine Tafel hängt, die besagt:

»Dr. Jörg Faustus aus Heidelberg hielt sich 1528 in Ingolstadt auf. So meldet uns das Ingolstädter Ratsprotokoll vom Mittwoch nach Viti 1528. Glaubwürdiger Überlieferung nach hat dieser Dr. Jörg Faustus in diesem Haus gewohnt.«

Johann Georg bzw. Jörg Faust zieht weiter durch die Lande und nimmt um das Jahr 1540/41 ein dramatisches Ende: Er fliegt in Staufen (Breisgau) bei einem chemischen Experiment sprichwörtlich in die Luft. Sein zerfetzter Körper lässt damals nur einen Schluss zu: Hier hatte der Teufel seine Finger im Spiel. Die Legende vom Faust und seinem Teufelspakt war geboren.