Der Hortus Eystettensis – ein „Superstar“ der Botanikszene

„Wenn man ein Buch aus allen Pflanzenbüchern Deutschlands kennt, dann den Hortus Eystettensis,“ schwärmt Dr. Johannes Pommeranz. Er hat die Ausstellung „Papierne Gärten: Illustrierte Pflanzenbücher der frühen Neuzeit“ am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg kuratiert, die vom 1. Oktober 2020 bis 26. September 2026 zu sehen ist. Dass der „Hortus“ aus Eichstätt dort einen Platz finden würde, ist für ihn selbstverständlich. Das Buch aus dem Jahr 1613 sei von überragender Bedeutung, denn hier handelte es sich um eines der ersten sogenannten „Florilegien“. Flori was? In einem „Florilegium“ wurden nicht nur Pflanzen mit heilender Wirkung verzeichnet und beschrieben, sondern auch „nutzlose“ Zierpflanzen wie zum Beispiel die Tulpe oder die Rose. „Der muss hier rein,“ meint Dr. Johannes Pommeranz mit Blick auf den „Hortus“ und so belegt eine Erstausgabe aus dem Jahr 1613 und Einzelblätter aus der Jubiläumsausgabe von 1713 ein eigene „Abteilung“ in der kleinen, aber feinen Studioausstellung im Germanischen Nationalmuseum.

Zwei Blätter aus der Jubiläumsausgabe des Hortus Eystettensis von 1713. Foto: Germanisches Nationalmuseum

Der Nürnberger Apotheker Basilius Besler (1561–1629), der auch Botaniker, Sammler und Kupferstecher war, hat den monumentalen Prachtband (als Taschenbuch völlig ungeeignet – Format 56 × 47 cm ) geschaffen. Sein Auftraggeber war der Eichstätter Fürstbischof Johann Konrad von Gemmingen, der auf der Willibaldsburg den Garten von Eichstätt, also den Hortus Eystettensis errichten ließ. Alle Pflanzen, die dort wuchsen, sollten in einem Buch festgehalten werden. Wie praktisch, dass Basilius Besler den Garten gut kannte, denn er war es auch, der den Hortus für den Fürstbischof anlegte (der wiederum das Erscheinen des Buches nicht mehr erlebte, weil er im Jahr 1612 verstarb). So bezieht sich die Bezeichnung Hortus Eystettensis zunächst auch auf die Gartenanlage und bildet eigentlich nur den Anfang des Buchtitels, der in seiner Gänze durchaus als sperrig bezeichnet werden darf. Er lautet:

Hortvs Eystettensis, Sive Diligens Et Accvrata Omnivm Plantarvm, Florvm, Stirpivm, Ex Variis Orbis Terrae Partibvs, Singvlari Stvdio Collectarvm Qvae In Celeberrimis Viridariis Arcem Episcopalem Ibidem Cingentibvs, Hoc Tempore Conspicivntvr Delineatio Et Ad Vivvm Repraesentatio

Der Garten von Eichstätt, oder sorgfältige und genaue Aufzeichnung und naturgetreue Darstellung aller jener mit einzigartigem Fleiß aus den verschiedenen Erdteilen zusammengetragenen Pflanzen, Blumen und Bäumen, die in den berühmten Gärten den Bischofssitz daselbst umgeben und dort betrachtet werden können.

Die Türkenbundlilie aus den “Plantae Selectae”, Nürnberg / Augsburg 1771, Germanisches Nationalmuseum, Bibliothek

Im Germanischen Nationalmuseum teilt sich nun der Hortus Eystettensis einen Raum mit weiteren botanischen Berühmtheiten: Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der barocke Prachtband „Plantae Selectae“ des Nürnberger Arztes Christoph Jacob Trew aus dem Jahr 1771. Die detailreichen und herrlich colorierten Aquarelle, die als Vorlage für die Kupferstiche dienten, hatte der Botaniker Georg Dionysius Ehret geschaffen. Die Blätter sind erstmals öffentlich zu sehen!

Dazu gesellen sich Schmetterlinge, Raupen, Ananas und Co: Der Besucher kann aus nächster Nähe Kupferstiche aus dem Surinam-Buch von Maria Sibylla Merian bewundern. Deutlich weiter zurück in der Zeit geht es mit Büchern wie dem 1487 erschienenen, ersten gedruckten Kräuterbuch in deutscher Sprache, das von „Petersilien aus dem Land Macedonien“ zu berichten weiß. Und so kann sich der Besucher hier auf eine Expedition durch die Geschichte der Pflanzenbücher machen und damit auch die Entwicklung einer Wissenschaft beobachten.

Die Ausstellung „blättert um“: Die ausgestellten Bücher bleiben in ihren Vitrinen, aber die sie ergänzenden Einzelblätter werden einmal im Quartal ausgetauscht. So können immer wieder neue Illustrationen gezeigt werden.Wechseltermine: 12. Januar 2021, 13. April 2021 und 6. Juli 2021

Alle Infos zur Ausstellung, Tickets usw. unter www.gnm.de

V.l.: Buchrestaurator Frank Heydecke, Museumsdirektor Prof. Dr. Daniel Hess und Ausstellungskorator Dr. Johannes Pommeranz